Städteblüte im Mittelalter - erste Phase der Städtegeschichte
Die Städte erlebten ihre Blütezeit im Mittelalter. U.a. war diese Phase
geprägt durch Landflucht, Zuzug Fremder (z.B. Glaubensflüchtlinge), Wachstum,
die rasche Entwicklung von Handel und Handwerk, den dazu notwendigen Aufbau
von Regelungen, Ordnungen und Rechtsetzungen, Entwicklung von Kranken-,
Armen- und Altenfürsorge, Erziehung und Bildung, Gestaltung kirchlichen
und religiösen Lebens. Alle ordnenden Aktivitäten zielten auf die Errichtung
eines wohlbestellten Gemeinwesens [i] . Die von den Städten
angestoßenen Neuerungen waren häufig Anregungen für die Landesherren.
Städtezahl und -größe
Die Städtegründungen des Mittelalters hatten zwischen etwa 1300 und 1450
in manchem Jahrzehnt Spitzenwerte von über 200 erreicht [ii] . Um 1500 hatten diese Gründungen im Heiligen
Römischen Reich (Deutschland, Österreich, Böhmen) eine Zahl von insgesamt
3500 Städten unterschiedlicher Größe erreicht. In den nächsten 300 Jahren
wuchs diese Zahl nur unbedeutend auf 4000 um 1800. Allerdings hatten sich
wachsende Einwohnerzahlen zugunsten einer größeren Zahl der Groß- und
Mittelstädte ausgewirkt.
Einwohnerzahlen |
um 1500 |
um 1800 |
> 10.000 |
26 |
61 |
2.000 bis 10.000 |
175 bis 200 |
etwa 400 |
1.000 bis 2.000 |
einige Hundert |
einige Hundert |
insgesamt |
3.500 |
4.000 |
Im Vergleich zum übrigen Europa waren deutsche Städte klein.
[iii] Unter den Städten mit mehr als 10.0 Einwohnern (immer
1500 : !800) der hier betrachteten Region rangieren Dresden (5.0 : 55.0),
Erfurt (15.0 : 17.0), Gotha (? : 12.0), Halle (? : 19.0), Leipzig (10.0
: 32.0), Magdeburg ( 18.0 : 37.0)
[iv] .
Frankenhausen bestand 1525 aus 310 Häusern, gegen Ende des 16. Jahrhunderts aus 439. Erst um 1800 hatte es 3500 Einwohner. |
Politische Konstellation nach 1500 - zweite Phase der Städtegeschichte
An der Epochengrenze zwischen Mittelalter und Neuzeit hatten sich die
oben genannten Antriebskräfte erschöpft.
Das politische Geschehen im Reich war nun von der Auseinandersetzung zwischen
Reichs- und Territorialgewalt und für eine lange Zeitspanne durch das
frühneuzeitliche Streben der Fürsten geprägt, eine Landeshoheit zu etablieren.
Das führte nicht etwa zu einem Niedergang der Städte, wie es sich als
Ergebnis der älteren Forschung noch in vielen Köpfen festgesetzt hat.
Aber die Weiterentwicklung der Stadt und des Staates folgte an der Wende
vom 15. zum 16. Jahrhundert nun den Kräften, die durch das Streben der
fürstlichen Landesherren bestimmt waren, solche einheitliche Landeshoheit
über die von ihnen ererbten, aus eigener Kraft dazu gewonnenen oder zu
Lehen genommenen Gebiete zu errichten.
Untersuchung für Frankenhausen unter fürstl. schwarzenburgischer Landesherrschaft [v]
Für Frankenhausen liegt die Zeit des Mittelalters einigermaßen im
Dunkeln. Es gibt nur wenige Quellen und schon gar keine Schilderungen
aus dieser Zeit, denn für die „große Politik“ und Geschichte war die Stadt
denn doch wohl zu unbedeutend. - In hellerem Licht liegt die oben beschriebene
2. Phase der Städtegeschichte, also die frühe Neuzeit und die Neuzeit.
Wie sich das Verhältnis zwischen Landesherrn und Stadt in der Frühen Neuzeit
gestaltet, müsste aus den Aufgabenstellungen von Staatsbehörden und Stadtmagistrat,
ggf. an der Art ihres Umgangs miteinander, also einem Mit- oder Gegeneinander,
erkennbar sein. In wie weit es gelingt, dies am Beispiel des thüringischen
Kleinstaates Schwarzburg-Rudolstadt und der Stadt Frankenhausen
sichtbar zu machen, wird sich zeigen müssen. Jedenfalls möchte ich dies
versuchen. Dabei werde ich Einzelfragen und Betrachtungen eher aus der
Perspektive der Stadt angehen, also den Blickwinkel des Bürgers einnehmen.
Ein zweiter Themenkreis soll das soziale Gefüge in der Stadt und dessen
Wandel beleuchten. Erkenntnisse hierzu hoffe ich aus den Bereichen Familie
- Haushalt - Gesinde, Handel - Handwerk und Kirche - Religiosität in Frankenhausen
herleiten zu können. Das von Heinz Schilling beschriebene Gerüst der „alteuropäischen
Lebens- und Sozialformen“ und deren Resistenz
[vi] begleitet meine Fragestellung.
Literatur und Quellenlage
Für Frankenhausen liegt Sekundärliteratur vor, u.a. Beschreibungen des
Freiherrn von Ketelhodt und des Stadtsyndicus Müldener. Zugang zu Stadtarchivalien
ist über das Stadtarchiv möglich, aber aufwändig, da die meisten Quellen
noch nicht erschlossen sind.
Eine Fundgrube sowohl für Frankenhausen als auch die Behörden des Fürstentums
ist das Thüringische Staatsarchiv Rudolstadt. Die Tatsache, dass aber
zur Stadtgeschichte wenige Quellen ediert sind, macht es leider mühsam
und langwierig, zu verwertbaren Ergebnissen zu gelangen. Eine ergiebige
Quelle ist das Frankenhäuser Intelligenz-Blatt, das mit dem Jahr 1765
beginnt. Dadurch, dass dort gelegentlich Betrachtungen zu zurückliegenden
Ereignissen angestellt werden, hat es zu manchen Themen auch Quellenwert
bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts hinein.
Weiterentwicklung des Themas
Ausgangspunkt für die Themenstellung können die Statuten der Stadt aus
dem Jahre 1534 sein, die auf der Basis bereits früher bestehender Statuten
durch Graf Heinrich den Jüngeren verliehen wurden. Sie enthalten Regelungen
zur Stadtregierung und -verwaltung, zu Ordnung, Handel und Gewerbe, zu
Ehe-, Familien- und Erbfragen und zur niederen Gerichtsbarkeit.
Die Fragestellung und ihre Beantwortung wird sich wie ein Patchwork langsam
weiterentwickeln.
© Peter Teuthorn, Januar 2003
[i] Argumentation folgt Heinz Schilling : Die Stadt in der frühen Neuzeit, S. 39.
[ii] ders. S. 2.
[iii] ders. Tabelle 3: In der Rangfolge der 30 größten europäischen Hauptstädte, angeführt durch die >1/2 Mio-Städte London und Paris, belegten deutsche Städte außer Wien (6.) nur nachrangige Plätze, nämlich 16. Berlin 113.0, 17. Hamburg 90.0. Auf dem 32. Rang folgt Dresden mit 60.0.
[iv] ders. Tabelle 5.
[v] Zeitraum: 1571-1598 Graf Wilhelm regiert in der Unterherrschaft Frankenhausen; 1599 Eingliederung in die Grafschaft Schwarzburg-Rudolstadt mit bis auf Finanzen selbständigen Behörden, die aber dem Landesherrn direkt unterstehen; seit 1667 Fürstentum.
[vi] H. Schilling S. 17-20.
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