Lebenslauf der Ursula Maria Schmoll

- PERSONALIA / Lebens-Lauff aus der Leichenpredigt, HstA Wiesbaden 3005/2289 (12) -

Gleichwie das Gedächtnüß der Gerechte allezeit im Seegen bleibet; Also wird auch billig seyn/ dass wir von der Wohlseligen Frau Oberberg-Inspektorin rühmlichst geführten und beschlossenen Lebens-Lauff noch eine kurze Nachricht mittheilen/ und dadurch Ihr bey den Hinterbliebenen ein Andencken im Seegen stifften. Es wurde dieselbe von Christlichen ehrlichen Eltern im Jahr 1675. den 14. Mart. zu Würtzbach im Hertzogthum Birckenfeld  in diese Welt gebohren; Ihr Herr Vatter ist gewesen/ der Wohlehrwürdige und Hochge­lahrte  Herr Johann Friedrich Schmoll/ treufleißiger Prediger und Seelsorger verschiedener Gemeinden/ und letztlich zu Udenheim in der Pfaltz; der/ nach erlangtem hohen Alter und erfolgtem seligen Abschied/ auch allhier seine Ruhestatt gefunden hat;  Ihre Frau Mutter war/ die Hoch-Edle und Tugendsame Frau Anna Sophia/ gebohrene Storckin/ des Hoch-Edlen und Hoch-Gelahrten Herrn Amtmann Storcken zu Winningen eheleibliche Tochter.

Ihre Groß-Eltern vätterlicher Seiten sind gewesen/ der Hoch-Ehrwürdige und Hoch-Gelahrte Herr Magister Johann Friedrich Schmoll/ gebürtig von Oelschnitz aus dem Vogtlande/ wohlverdienter Prediger zu Birckenfeld  und Enkirchen; und dessen Frau Liebste/ die Tugend-Begabte Frau Maria/ gebohrene Thomasin/ aus Enkirchen.

Da sie nun also das natürliche Leben empfangen/ haben erstbenannte ihre lieben Eltern sie sofort zu dem besseren und geistlichen Leben durch das Baad der Wiedergeburt bringen lassen/ darinnen Ihr zu dessen beständiger Erinnerung durch die erbethene Tauff-Zeugen/ nemlich  Ihren Herrn Groß-Vatter/ Herrn Amtmann Storcken von Winningen/ und die Frau Hof-Räthin Gräberin zu Birckenfeld/ die beede Nahmen Ursula Mariana beygeleget worden; Davon die Würckungen des guten Geistes bey dem Wachsthum an Jahren sich mehr und mehr hervor gethan/ und an Ihr als einem Kinde guter Art die darauf fortge­setzte sorgfältige Erziehung erfreulich angeschlagen ist. Es geschahe hiernechst/ als Ihr seliger Herr Vatter von Würtzbach als Ihrem Gebuhrts-Orth/  nach Udenheim in die Pfaltz vociret wurde/ und dahin durch Göttliche Fügung folgete/ dass bald darauf das frantzösische Kriegs-Wesen dort herum alles in Elend setzete/ und Ihre lieben Eltern auch bey diesen Land-Plagen den Raub des Ihrigen etliche mahl erdulten und viel Jammer und Gefahr ausstehen mußten. Wozu der frühzeitige größte Verlust Ihrer Frau Mutter kam/ die Ihr als Sie kaum das 15te Jahr erreichet durch den Tod entrissen wurde.

Allein der Höchste wuste auch diese widrige Zufälle zu Ihrem Besten zu wenden/ und der zuerst in Ihr gelegte gute Grund ward durch alle diese Trübsalen nicht beweget; Sondern eben dieselbe Unglücks-Fälle gaben nur Gelegenheit Sie in dem einmahl angenommenen Guten zu stärcken/ und zum Dienst Gottes des Gerechten und des Nechsten geschickter zu machen. Dann als Sie an die damahlige Durchlauchtigste Fürstin zu Hanau rekomman­diret wurde/ ist Sie daselbst sehr gnädig aufgenommen und wegen Ihrer Geschicklichkeit Tugend und Frömmigkeit von Höchstbesagter Durchlauchtigsten Fürstin vor anderem Ihrem Frauenzimmer mit besonderer Hoch-Fürstlichen Huld und Vorsorge begnadiget worden.

Als es sich aber weiter durch Göttliche Schickung gefüget/ dass Sie sich im November des 1696ten Jahrs mit höchstermeldt Ihro Hoch-Fürstlichen Durchlaucht höchster Erlaubnis und Gutfinden/ auch consens Ihres damahls noch lebenden Herren Vatters/ mit den jetzo gegenwärtig hochbetrübten Herrn Wittwer/ dem Hoch-Edelgebohrenen und Hochachtba­ren Herrn Herrn Ludwig Balthasar Müllern nunmehrigen Hoch-Fürstlichen Hessischen Hochverordneten Herrn Ober-Berg-Inspectori, damaligen Hoch-Gräflichen Haunauischen Müntz-Meister/ in ein Christlich Ehe-Bündnüß eingelassen/ hat Sie von solcher Zeit biß­hero über 34. Jahr mit Ihm eine vergnügte und gesegnete Ehe geführet; der Hauß-Haltungs-Sorge sich treulich angenommen; Das im Ehestande nicht außenbleibende Creutz treulich angenommen; Allen Menschen/ sonderlich aber den Krancken/ Armen und Not-Leidenden gerne Gutes erwiesen/ und sich eine rechte Freude daraus gemacht wann Sie jemanden eine Wohlthat erzeigen können; Zu allen Sachen hat Sie gerne das Beste geredet/ und Streit und Gezänck aufs äußerste gehasset; Ihrem wehrten Eh-Herrn bey allen vorgefallenen Widerwärtigkeiten vielen Trost zugesprochen/ und sein Gemüthe jedesmahl durch vernünftige Vorstellungen in Zufriedenheit gesetzt; Wie von allen diesen und mehr Tugenden noch eine lange Reihe und viele Exempel gantz ohne verdächtige Lobes-Erhebung mit gutem Recht angeführet werden könten/ wann wir nicht durch weitläufiges Rühmen Ihre ungemeine Demuth vielleicht beleidigten/ und es ohnedem auch ohnnötig seyn möchte/ weil in aller Bergwecks-Verwandten und sonst Bekanten so wohl derer Freunde als Feinde Hertzen dieses vorhin als eine feste Wahrheit gegründet und unverges­sen bleiben wird/ daß Sie eine allgemeine Wohlthäterin/ gefällig gegen jedermann milde gegen die Armen/ friedliebend/ gütig und leutselig gegen männiglich gewesen sey.

Was aber das meiste und allerbeste ist/ so hat Sie dabey GOtt hertzlich gefürchtet und geliebet; Gottes Wort fleißig betrachtet/ und sich daraus einen herrlichen Schatz an Kern- und Trost-Sprüchen gesammelt; die Ihr sonderlich auch im letzten Kampff trefflich zustatten kommen. Dadurch aber hat Sie den reichen Seegen von oben auf sich und Ihr Hauß gebracht/ und ist von dem Höchsten mit vieler Gnade angesehen worden/ wohin sonderlich mit zu rechnen/  dass Sie während der Ehe nicht allein neun Kinder erzeuget/ wovon 2 gar frühzeitig/ der dritte aber/ nemlich der vor nicht gar langer Zeit allhier seelig verstorbene Hoch-Fürstliche Herr Zehender Müller/ Ihr in die Ewigkeit vorangegangen/ die übrigen sechs aber/ nemlich drey Herren Söhne/ und drey Frauen Töchter noch/ so lange GOtt will/ im Leben/ und meist nebst der Frau Schwieger-Tochter/ und den drey Herrn Schwieger-Söhnen gegenwärtig Leydtragend und höchstbetrübt zugegen sind;  Sondern der Höchste hat Sie auch an diesem Ihrem Ehe-Seegen/ durch Wohlverhalten/ glückliche vierfache Verheurathung gnugsame Versorgung viel Ehre und Freude/ auch an fünff lieben Enckeln/ davon zwey doch nur als Kinder guter Hoffnung vorhanden/ die übrigen aber frühzeitig wieder verstorben sind/ Ihr Vergnügen sehen/ und es Ihr also wohl gehen lassen auf Erden. Dabey Sie sich jedoch nie überhoben/ sondern stets sich einer besonderen Demuth beflissen/ auch öfters erwehnet: wie Sie wohl wisse/ dass das zeitliche Wesen keine Ruhe bringe/ daher Sie sich mehr und mehr der Sorgen  dieser Welt entschlagen/ und sich zu einem seligen Sterbe-Tage anschicken wolle; zu welchem Ende Sie sich auch mehrerer Erinnerung halber noch bey gantz gesunden Tagen Ihr Sterbe-Kleid machen lassen/ und mit Verachtung der zeitlichen Güter/ die Ihr ohnedem nie am Hertzen gelegen/ nach Ihrem erwehlten Leichen-Text zu Gott geseufzet: Ach HERR! wann ich dich nur habe/ sag ich allem anderen abe/ legt man mich gleich in das Grab/ ach HERR! wann ich dich nur hab.

Als Sie sich nun den verwichenen Sommer über mit Flüssen und Schmertzen in Gliedern incommodirt befunden/ vermeinte Sie/ dass der schon einige mahl gut befundene Besuch des Wißbades Ihr dagegen wohl dienlich seyn möchte/ und reisete daher in Gesellschaft Ihres lieben Ehe-Herrn/ der Sie nicht alleine lassen/ sondern nach der Grossen zu Ihr tragenden Liebe gerne stets um Sie seyn wollte/ zu Ende des Augusti letzt-verflossenen Jahrs dahin ab; Kam auch am 2ten Octobt. zwar glücklich dort allhier wiederum an; Wurde aber sogleich mit einem starken Fluß im Haupt befallen/ welcher Ihr ohngemeine Schmertzen verursachte/ und/ wegen der mangelnden Ruhe/ die Kräfte mercklich be­nahm.  Als nun der/ wegen seiner Erfahrenheit und Geschicklichkeit/ sehr berühmte Herr Doctor Oevelgunn hierüber consultiret und anhero geholet wurde/ legte sich auf den Gebrauch einiger Arzney diese Übel zwar bald; Es fand sich aber sogleich darauf und ehe Sie sich ein wenig erholen können / ein heftiges Quartanfieber ein/ welches nach allen signis pro Febre sava sive maligna erkant/ jedoch bey dem Gebrauch vieler dienlichen Me­dikamenten durch Göttlichen Seegen die Befreyung davon tröstlich erhoffet wurde; Alleine das Fieber wollte nicht nachlassen/ die Lebens-Kräfte schwanden mehr und mehr/ es kam eine starke Geschwulst dazu/ und am 30. Decembr. sahe man mercklich/ dass sich des Lebens Ende herannahe; Derohalben der Herr Bergprediger Bast seinen mehrmals gethanen tröstlichen und nachdrücklichen Zuspruch wiederholete/ Sie sonderlich des gros­sen Leidens ihres Heylandes/ mit dem Sie sich durch Geniesung des heiligen Abendmahls ohnlängs wiederum vereiniget/ und/ im Glauben und Gedult standhafftig zu verharren/ sehr erbaulich vermahnete; Dem Sie dann gantz verständig und vernehmlich geantwortet/ und Sie unter hefftigen  Fieber-Schmertzen beständig zu Gott geseuffzet hat; Der sich Ihrer auch endlich erbarmet/ und Sie bey guter Vernunfft/ nachdem Sie allen Ihrigen und guten Freunden eine gute Nacht gewünschet/ ohne weitere leibliche Bewegung sanfft aufgelöset/ und abends zwischen 11 und 12 Uhr

Zu sich in seine ewige Freude ge­nommen hat/ da Sie ihr Alter ge­bracht auf 55. Jahr und 9. Monath: und durch ihren Abschied ihren lieben Ehe-Herrn (dem Sie etliche Tage vorher schon solchen ange­kündiget/ und/ wie Sie voran ge­hen würde/ angezeiget/ auch Ihn zu seeliger Nachfolge/ zur Gedult und Liebe Gottes und des Nechsten gar nachdrücklich er­mahnet hat) in ungemeine Be­kümmernüß; alle die Ihrigen in hertzliche Betrübnüß; alle Anver­wandten in in schmertzlichen Kummer/ alle Bekanten aber in Trauren gesetzt hat. Ihrer aller Leid und Klagen sind wegen des wichtigen Verlusts gerecht.

[PT 05/2006.
Eine lesbare Vergrößerung des Vorblattes der LP ist aus Gründen des Copyrights nur im privaten Bereich der Website zugänglich.]


zurück Biographien

zurück Hessische Teuthorns

 

Home · Impressum · Seitenanfang · Peter Teuthorn © 2006