Orte / Islebien (ist) Lutherstadt Eisleben

Eisleben 1647 (Merian)

 

Die Geschichte der Eislebener TEUTHORNs, insbesondere die Frage nach ihrer Abhängigkeit, Eigenständigkeit oder Verbindung zur Frankenhausener Familie bedarf noch weiterer Nachforschungen. Allerdings ist es wegen der weit zurückliegenden Zeit schwierig bzw. langwierig, hier weiter voranzukommen. Es ist auch zu fragen, ob die erwarteten zusätzlichen Erkenntnisse für die Gesamtfamilie in einem vertretbaren Aufwand zur gesamten Familiengeschichte stehen. Diese Überlegungen begründen, dass sich meine Eisleben-Darstellung an dieser Stelle auf knapp ein Jahrhundert, nämlich die Zeit von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts beschränken wird. Ich mache den Beginn mit dem Stadtbrand von 1601.

Den in überlieferten Familienaufzeichnungen genannten Ort ISLEBIEN konnte ich lange nicht lokalisieren, bis es mir eines Tages wie Schuppen von den Augen fiel. Ich hatte lange Zeit übersehen, dass es sich um eine seinerzeit gebräuchliche Latinisierung handelte.

Die älteste zur Stadtgeschichte verfügbare Quelle ist die Chronicon Islebiense überschriebene Eisleber Stadt-Chronik aus den Jahren 1520-1738 (1). Alles im Chronicon Erhaltene sind originale Aufzeichnungen der Stadtschreiber und Stadtvögte (Vorwort S.V). Einer dieser Stadtschreiber war Georgius Teuthorn. Über ihn wird 1640 anlässlich des Todes seines Sohnes gesagt, er sei zuerst Erster Stadtschreiber Eislebens, später aber Ratsherr und Richter gewesen - 'Dn. GEORGIUM Teuthorn / virum olim literatissimum ac prudentissimum, Reipubl. Islebiensis primo Scribam primarium, post Senatorem ac Judicem integerrimum'. (2)

Der nachfolgend beschriebene veheerende Stadtbrand fiel nicht nur in Georg Teuthorns Lebenszeit sondern offensichtlich auch in seine Amtszeit, denn er wird unter den Entschädigten mit seinem Stadtschreiber-Titel genannt (S. 74).

'Anno Christi 1601 den 18. Augusti Vmb 8 Vhr vor Mittage ist durch Verwarlosunge vnd Vnachtsamkeit in Caspar Vlrichs des BergRichters Hausse vfm Steinwege eine erschreckliche Feversbrunst alhier in Eissleben entstanden, welche alsobaldt drey Scheunen, darinnen vber 8 Schock Getreidich gelegen, ergriffen, vnd durch den damals mit zugefallenen Windt dermassen fortgetrieben, dass in kurtzer eil die ansehnlichsten Gebewde, neben vielen andern Burgerhäussern und Scheunen, wie hernach verzeichnet, fast mit allen Vorrath, ehe man etwas beybringen können, zu grunde gangen, vnd in die Asche gelegt wordenn.' (S.55).
Nun folgt die Aufzählung der Verluste im einzelnen, darunter die Andreaskirche samt Wohnungen von Geistlichen und Kirchenpersonal, die Schule mit Lehrerwohnungen, das gräfliche Schloss und das Kauf-/Waagehaus. Vor allem aber sind 253 Wohnhäuser zerstört,
"vnter welchen der vornehmszten Burgere Heusser am Marckte vnd sonsten begriffen, vnd zu grunde in die Aschen gelegt worden, darunter auch die alte wolerbawete Muntze, Item Acht Gasthöffe, Zewy Gemeine Brauhhäuser, Vier vnd achtzig Sceunen, ausserhalb der Ställe vnd anderen Gebewden darinnen, Sechs Tausent Schock, vnd garuber, allerley Getreidlich, Vber zwey hundert Fuder Haw, Vber achtzig Schock schellel Maltz, Viertzig beschedigte Häusser, Ohne der Burgere Bahrschafft, Haussgerätich, Kleidern, Hopfen, Baw- Scheit- vnd Schockholtz, Getreidich, auf den Bödemen, Ingleichen Brettern, Schindeln, Latten vnd andern Vorrathe, Welches alles sich auf eine hohe Summa erstrecket, Auch ohne das Viehe, so in dieser Fewerbrunst vmbkommenn.

Volgett Wer und wieuil dieser Armen Brandtbeschedigtenn Commun vfm Lande, vnd in der Stadt alhier auss Christlichen mittleiden gesteuret vnd mitgetheilet, auch wie es vnter Sie wiederumb distribuiret vnd aussgegeben wordenn.(S.56)

Aus den umliegenden Gemeinden kam am Brandtag und in den folgenden Tagen Hilfe in verschiedenster Form. Meist wurde Brot, Geteide, Käse, Fett, manchmal auch Bier gesandt; auch Ledereimer zum Löschen, außerdem Hilfe beim Schuttabfahren. Die nachfolgende maps.googhle-Darstellung ist nicht vollständig. Sie erwähnt z.B. nicht die Hilfe der umliegenden Adeligen, die hier keinem Ort zugeordnet werden können. Außerdem konnten einige in der Quelle erwähnte Orte, die auch Hilfe leisteten, nicht lokalisiert werden.

Nach dem Stadtbrand erhielt unter der Rubrik 'Nachfolgende haben keine Brauhäuser gehabt' Stadtschreiber Georg T. 22 Gulden als Zuschuss für eine abgebrannte Scheune (S.74). Offensichtlich war eine gemischte Bebauung von Wohn- und landwirtschaftlichen Gebäuden noch die Norm. Noch heute erinnern die Toreinfahrten von Ackerbürger-Häusern an diese übliche Durchmischung. (Fotos von 2005 einfügen)

Bedingt durch die vorwiegend hölzernen Bauten waren Stadtbrände ein häufiges, in Abständen zu erwartendes und deshalb fast normales Schicksal für jede Stadt. Jedesmal wurde riesige Vermögenswerte vernichtet. Eine Brandversicherung, kannte man natürlich noch nicht. Die hier geschilderte Hilfe der umliegenden Gemeinden ist beeindruckend, aber gleichzeitig auch Ausdruck der furchtbaren Gewissheit, dass man selbst betroffen sein könnte und dann auf Hilfe angewiesen sein würde.

Auch mehr als zweihundert Jahre später war der Schrecken einer Feuersbrunst, wie er Eisleben 1601 getroffen hatte, immer gegenwärtig. So wütete am 15. 02. 1833 in Frankenhausen einer der verheerendsten Brände, der 168 Häuser und das historische Rathaus zerstörte.

© Peter Teuthorn 20. September 2007


____________

(1) Grössler, Hermann u. Sommer, Friedrich (Hrsg): Chronicon Islebiense - Eisleber Stadtchronik aus den Jahren 1520-1738. Nach der Urschrift mit erklärenden Anmerkungen und einem Ortsregister herausgegeben von ...., Eisleben 1882.
(2) Leichenrede auf Georg Teuthorn (1613-1640) Eisleben, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena, Sign. Hist. lit. VI. f.3. p.358. Katalognachweis: Koch, Herbert, Die Leichenreden der Universität Jena, Bd. II1, o.O.o.J.

Zurück Frankenhausen Zurück Orte  

 


Home · Impressum · Seitenanfang · Peter Teuthorn © 2006