Ein Gastbeitrag
von
Gerhard Görmar
Frankenhausen wurde in den Jahrhundertabschnitten zwischen 1450 und 1850 jeweils von 2 bis 3 großen, immer weite Teile der Stadt verheerenden Bränden heimgesucht (Siehe auch Chronologie). Als wenn man den letzten der ganz großen Stadtbrände vom Februar 1833 vorhergesehen hätte, wurde das Frankenhäuser Feuerlöschwesens Ende 1832 neu organisiert. Auch ein Mitglied der Teuthornfamilie, Dr. Johann Christian David Teuthorn, erscheint in der Abteilung D Retten und Ausräumen; ein Meister Görmar sen. wird als "Drucker" an der Feuerspritze IV erwähnt. - Gastautor Dr. Gerhard Görmar berichtet über
Am 15. 02. 1833 wütete in Frankenhausen einer der verheerendsten Brände.
Da ein Sturm aufkam, griff das Feuer auf weite Teile der Stadt in kurzer Zeit
über. Seinen Anfang nahm es von dem Seelandschen Gebäude gegenüber
dem Läuthause in der Klostergasse, wie wir aus der Darstellung über
"Brände im alten Frankenhausen" [1]
erfahren. Es wurden bei diesem Brand 168 Häuser, viele Scheunen und
Schuppen und, was besonders bitter war, das alte Rathhaus (erbaut
1444) vernichtet. Der Verlust , der durch den Brand entstanden war,
wurde auf die für damalige Zeiten gewaltige Summe von 250 000 Talern
geschätzt.
Auch ein Jahr später gab es eine Reihe von größeren Bränden,
wobei z. B. im Dezember die Frauenstraße heimgesucht wurde. Diese Berichte
machen deutlich, wie wichtig eine gut funktionierende Feuerwehr am Ort war
und ist.
Im Jahre 1766 wurde durch die Bürgerschaft von Frankenhausen eine Feuerverordnung
verabschiedet, die im Jahre 1826 ergänzt wurde. Noch am Ende des vorigen
Jahrhunderts, im Jahre 1868 wurde sogar ein "Statut der Stadt Frankenhausen,
die Feuerwehr betreffend" erarbeitet, wonach jeder männliche Einwohner
im Alter von 20 bis 50 Jahren verpflichtet war, Feuerwehrdienste zu leisten
und sich zu jeder Feuerwehrübung einzufinden. Wer schuldhaft fehlte,
konnte mit einem Strafgeld beauflagt werden.
Bei Bränden war also jeder Bürger verpflichtet, Hilfe zu leisten
und mit seinem "Gezeige" an den Brandherd zu kommen. Als "Gezeige"
wurden in Frankenhausen die Ausrüstungsgegenstände, d. h. die Spritzen,
Leitern, Eimer, Kübel und das Handwerkszeug zum Einreißen bezeichnet.
Wichtigstes Löschmittel bis zur Einführung der Feuerspritzen
war der Ledereimer. Jeder Bürger war dazu verpflichtet, diesen Eimer
in seinem Haus zu besitzen. Weitere wichtige Hilfsmittel waren die hölzernen
Feuerleitern und Einreißhaken.
Am 10. 12. 1832 wurde in der "Beylage zum 52. Stück der Frankenhäuser
Intelligenz=Blätter vom Jahre 1832" die Frankenhäuser Feuerlösch=Anstalt
von der Fürstl. Schwarzburgl. Landeshauptmannschaft neu festgelegt. Dazu
heißt es:
Publicandum
Die seit einigen Jahren, durch Todesfälle und anderer Umstände,
in dem zur hiesigen Feuerlösch=Anstalt gehörenden Personal entstandenen
Defecte, haben wieder eine desfallsige Revision und eine Ergänzung
der bemerkten Unvollständigkeiten nöthig gemacht, deren Resultat
wir dem dabey betheiligten Publiko nachachtlich in der hier folgenden Übersicht
vorlegen, mit dem Wunsche: daß man sich auch mit den gesetzlichen
Vorschriften der bestehenden Feuerordnung von 1766 und des Nachtrags derselbenm
von 1826, zur gehörigen Befolgung, stets genau bekannt machen und vertraut
erhalten solle.
Frankenkausen, den 10. Dezember 1833
Fürstl. Schwarzburgl. Landeshaupmannschaft das.
Die Feuerlöschanstalt gliederte sich in verschiedene Geschäftszweige:
A Das Directorium;
B Das Spritzenwesen;
C Das Fuhrwesen;
D Das Ausräumen;
E Das Einreisen;
F Die Wasser-leitung;
G Die Besorgung des heißen Wassers und Sole bei starken Froste.
Das Directorium setzte sich aus dem "Feuer=Director" Herrn Rath Werner,
seinem Stellvertreter Herrn Kammerrath Leukarth und 11 Adjutanten zusammen.
Zur besseren Unterscheidung des Directoriums wurden im Feuerdienst Erkennungszeichen
festgelegt. Der Feuer=Director und sein Stellvertreter hatten zwei weiße Streifen
an der Kopfbedeckung, alle anderen Mitglieder nur einen Streifen. Wir wissen
nicht genau, was die Frankenhäuser Feuerwehr als Kopfbedeckung hatte. Aus
anderen Berichten ist jedoch bekannt, daß die Kopfbedeckung meist breitkrempige
mit Leim imprägnierte Hüte waren, die den Helfenden vor herabfallenden Gegenständen
aber auch vor Feuer und Wasser schützen sollte. Ab ca. 1820 sind auch erste
Helme aus Leder bekannt. Über einheitliche Uniformen wird in dieser Zeit noch
nichts berichtet. Erst ab 1841, nach Gründung der ersten freiwilligen Feuerwehren
in Deutschland, erhalten die Löschmannschaften einheitliche Kleidungen. Diese
bestand am Anfang aus leinenen Kitteln [2].
Das Spritzenwesen (B) war mit sechs Spritzen und zwei Wasserzubringern
ausgestattet. Die Spritzen I und II waren Schlauchspritzen. Zur Bedienung
der Spritzen gehörten je zwei Spritzenmeister, zwei Schlauchführer, fünf Schlauchträger
und 32 bzw. 24 Drucker. Das Bedienungspersonal waren meistens Handwerksmeister,
ihre Gesellen sowie andere männliche Einwohner der Stadt. Spritzenmeister
der Spritze I waren z. B. der Schlossermeister Koch und Schmiedemeister Subhahn
jun.. Die 24 Drucker der Spritze II wurden alle von der Schuhmacherinnung
gestellt. Jede Spritze hatte eine eigene Bezeichnung und einen genau festgelegten
Standplatz in der Stadt. So standen die Spritze I "Neuere Schlauchspritze"
und die Spritze III, der sogenannte "Feldläufer" im Spritzenhaus am Markt.
Die Spritze II, die alte Schlauchspritze, stand im Spritzenhaus übern Gelgen
in der Schmidtegasse. Spritze IV, die sogenannte "Angerspritze" stand im Garten
des Herrn Stadtältesten Barth in der Nappe. Die Spritze V war im Spritzenhaus
an der Unterkirche und die Spritze VI, die Bornspritze, stand im Spritzenhaus
neben dem Pfännerschafts=Wachhaus. Zur Bedienung der Wasserzubringer gehörten
je zwei Spritzenmeister, vier Schlauchträger sowie mehrere Drucker. Die Wasserzubringer
waren Pumpen, die zur Druckverstärkung genutzt wurden. Je nach Transportart
wurden Trag- und fahrbare Spritzen unterschieden. Die fahrbaren Spritzen waren
entweder vierrädrige Wagenspritzen oder sogenannte zweirädrige Abprotzspritzen.
Die Spritzen hatten bereits bewegliche Saugrohre. Die Brandbekämpfung erfolgte
entweder mit dem starren Wenderohr, welches auf der Spritze angebracht war,
oder mit beweglichen Schläuchen. Zum Einsatz kamen zu dieser Zeit Schläuche,
die aus Leder gefertigt oder aus Hanf gewebt waren. Neben den großen Spritzen
gab es seit dem Mittelalter auch Handspritzen, die von einer Person bedient
wurde. Diese wurden sicher ebenfalls bei der Brandbekämpfung im Ort angewendet.
Das Fuhrwesen (C) hatte vier Vorgesetzte. Als Erkennungszeichen trugen
sie am linken Arm ein F. Zu den Aufgaben des Fuhrwesens gehörten die Zufuhr
des Wassers und das Wegfahren ausgeräumter Gegenstände zu den Rettungsplätzen.
Zum Retten und Ausräumen (D) wurden neben den Ärzten und
Chirurgen, die Schullehrer, Handelsleute sowie mehrere Handarbeiter herangezogen.
Die Mitglieder dieses Trupps trugen schwarze Armbinden mit einem weißen
A . Für das Einreisen waren die Meister der Zimmerer- und Maurerinnungen
nebst ihren Gesellen und erwachsenen Lehrlingen zuständig.
Das zum Löschen benötigte Wasser (F) kam aus den vielen Kanälen
der Stadt. Verantwortlich für den "hinreichenden Zufluß des
Wassers" und für die Ziehung der entsprechenden Schütze war
der Soolkunstwärter Johann Löser und sein Gehilfe. Für die
Bereitstellung von heißem Wasser und Soole im Winter war die Pfännerschaft
verantwortlich, die dies im Brauhaus und in den Salzsiedereien zuzubereiten
hatten.
Die Aufstellung zeigt, daß nahezu allen männlichen Bürgern
der Stadt eine Aufgabe bei der Brandbekämpfung zugewiesen wurde.
Die Verteilung der Spritzen in der Stadt gestattete offensichtlich ein schnelleres
Eingreifen am Brandherd. Und trotzdem war es auf Grund der Verwendung von
vielem Holz und anderer leicht brennbarer Materialien beim Bau der Häuser
oft nur schwer möglich, ein Übergreifen auf Nachbargebäude
zu vermeiden. Straßenbrände und Vernichtung ganzer Stadtgebiete
durch Flammen waren nicht selten. Die Vielzahl der Mitglieder der Frankenhäuser
Feuerwehranstalt machen deutlich, daß die Brandbekämpfung eine
ungeheuer schwere Arbeit gewesen war und nur durch den Einsatz aller Einwohner
eine wirksame Brandbekämpfung möglich wurde. Technische Hilfsmittel
waren mit Ausnahme der handbetriebenen Feuerspritzen kaum vorhanden.
© Gerhard Görmar, Leipzig 1999/2003
[1] Horst Müller: Brände im alten Frankenhausen,
1956.
[2] B. J. E. Hartmann: Deutsche Feuerwehruniformen, Stuttgart,
Berlin, Köln, Mainz 1984.
Hierzu auch:
Feuerlöschgeräte
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
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