Orte / Esperstedt

 

Esperstedt und seine Kirche

“Wenn man den Dorfberg, auf dem man zu unserem Nachbarorte Udersleben gelangt,  hinaufsteigt, so hat man einen wunderschönen Blick über die ganze weite Flur, über das weit ausgebreitete Ried, das von den Gebirgen der Hainleite, der Schmücke, der Finne mit seinem höchsten Berge, der „Hohen Schrecke“ begrenzt ist. Die Sachsenburg grüßt herüber, im Osten winkt uns die Stadt Artern mit ihren am Weinberge gelegenen Häusern. - Aber zu Füßen des Dorfberges ruht im beschaulichen Dasein unser Esperstedt.“ [1]


In diesem wenige Kilometer östlich von Frankenhausen gelegenen Esperstedt war Jacob Justinus TEUTHORN mehr als 30 Jahre lang Pfarrer. Kurz nach dem Dreissigjährigen Krieg war er 1654 in Frankenhausen als erster Sohn des Bürgermeisters, Kaufmanns und Tuchmachers Jacob Teuthorn (1632-1713) und seiner Frau Anna Erfurt geboren. Mit 27 Jahren trat er - nachdem er Theologie vermutlich in Wittenberg studiert hatte - im Jahre 1681 [2] die Pfarrstelle in Esperstedt an. (Biographie weiter)

Der neue Pfarrer kam in einen Ort, dessen brutale Kriegsschäden gerade vernarbt gewesen sein müssen. Denn es war nun ein gutes halbes Jahrhundert her, dass 1626 Tillysche Truppen die  Dörfer Esperstedt und Ringleben aus nichtigem Anlass niedergebrannt hatten. Die zerstörten Häuser waren erst nach mehreren Jahren in etwas höherer Lage um die Kirche herum wieder aufgebaut worden, wo sie sich jetzt wie „Küchlein um die Mutter Henne kuschelten“ [3] .

Der Wiederaufbau der Kirche war 1636 beendet. Da das Mauerwerk von Altarraum, Sakristei und Turm stehen geblieben war, kauften die Esperstedter eine Scheune aus Udersleben, die hier als Kirchenschiff aufgestellt wurde. So blieb man in der Tradition des „Zusammenstückelns“ der Kirche, das heute noch ihren Charme ausmacht. Denn die „Anlage der Kirche, mit dem Turm in der Mitte lässt es wahrscheinlich sein, dass [eine]  Kapelle schon vordem gewesen ist, eine sog. Kasualkirche, in der Taufen, Trauungen und Totenfeiern [...] stattfanden. Die Reformationszeit verlangte dann einen Predigtraum; dieser wurde einfach an der Westseite der Kapelle angesetzt, sodaß der Turm in die Mitte des Gotteshauses rückte“ [4] .  Diese Kapelle wird als Johanniskirche von Esperstedt erstmals 1551 erwähnt. Allerdings soll sie sehr viel älter sein und wohl von den Mönchen des Klosters Walkenried [5] gegründet worden sein. Aber alle Urkunden und Dokumente, die das bezeugen könnten sind mit den Bränden des Dreissigjährigen Krieges unwiederbringlich verschwunden. [6]

Die Kanzel wurde 1651 eingebaut, 2. und 3. Glocke 1661 und 1673 beschafft. Ein Schieferdach erhielt die Kirche 1679.

So kam der Pfarrer Teuthorn in eine an sich noch ärmliche, aber doch gebrauchstüchtige Kirche, in der er bis 1712, also kurz vor seinem Tode (1713) amtierte. Nach einem Jahr im Amt heiratete er Anna Eva, die Tochter des Cantors Zitzling zu Frankenhausen. Damit kam also die Pfarrersfrau aus einer kirchlich aktiven Familie. - Ein 1701 geborener Sohn [7] lebte wieder in Frankenhausen, und zwar als Seifensieder, starb jedoch bereits mit 20 Jahren. Der Familienstamm der heutigen Teuthorns wurde durch den zwei Jahre älteren Bruder des Pfarrers, Peter Andreas, fortgeführt. Dieser lebte als Freisass und Lohgerber im Nachbardorf Ringleben. (Biographie zurück)

1809 brannte die Kirche noch einmal ab. Dokumente darüber und über die Situation in der Gemeinde zu dieser Zeit fand man anlässlich einer Sanierung des Turmhelms um 1885 in einer Kupferbüchse innerhalb des Turmknopfes und legte sie zusammen mit einer neuen Chronik über die Gemeinde in den Turmknopf zurück [8] .

Bei einer Erneuerung im Jahre 1934 wurden die alten Malereien an den Emporen freigelegt, die mich bei meinem ersten Besuch der Kirche so fasziniert haben. Im Herbst 2003 soll die Kirchendecke (die „Tonne“) renoviert werden, wozu Spenden sicherlich noch willkommen sind.



©2003 Peter Teuthorn


Das Büro der Ev./Luth. Kirchgemeinde Esperstedt ist in der Pfarrgasse 70. Es ist dienstags und donnerstags von 8-15 Uhr besetzt. Telefon 034671- 62819, Frau Hoffmann. Die Kirchenbücher beginnen 1670.


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[1] So beschreibt mit viel Liebe der Oberlehrer i.R. Rothe seinen Heimatort 1936 anlässlich des 300-jährigen Jubiläums des Wiederaufbaus der St.-Johanniskirche zu Esperstedt.
Rothe, Oberlehrer i.R.: Aus Esperstedts Vergangenheit - Unsere Kirche, in Heimatblätter für Kyffhäuser und Hainleite, Beilage zu Nr, 214 der Frankenhäuser Zeitung vom 12. September 1936.

[2] Die Information zu den Amtsdaten (1681-1712) von Jacob Justinus Teuthorn verdanke ich der Recherche von Frau Hoffmann, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Esperstedt.

[3] Rothe.

[4] Meißner, Pfarrer: Zum Jubiläum des 300 jährigen Bestehens der Kirche in Esperstedt (Kyffh.), in Heimatblätter für Kyffhäuser und Hainleite, Beilage zu Nr, 214 der Frankenhäuser Zeitung vom 12. September 1936.

[5] Walkenried - etwa 45 km Luftlinie von Esperstedt entfernt - am Südharz gelegen, ist eines der deutschen Zisterzienserklöster (weitere: Ebrach, Eberbach, Maulbronn, Doberan, Chorin). Das Kloster entstand 1127 (siehe http://www.kloster-walkenried.de/ = sehr gelungene, weil anschauliche, klare und instruktive Internetpräsentation). Wenn Rothe die Gründung vor 1000 annimmt, muss er sich also in der Jahreszahl geirrt haben.

[6] Rothe.

[7] Siehe Wippermann: Stammtafeln der in der Stadt Frankenhausen größtentheils schon seit längerer Zeit heimisch gewesenen  Familien, Sondershausen 1843. Dort auch Lebensdaten des Jacob Justinus. - Ob es noch Nachkommen gab,  die nicht nach Frankenhausen zurückkehrten, habe ich noch nicht erforschen können.

[8] Rothe.


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